Vernissage – Andrei Liankevich – Traditionelle Belarusische Interieurs / Paganismus

Vernissage – Andrei Liankevich – Traditionelle Belarusische Interieurs / Paganismus

date
1. August 2025
20:00 - 22:00
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location
Galerie nEUROPA
Bautzner Straße 49, 01099 Dresden, Deutschland
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Ausstellung
Eintritt bzw. Teilnahme kostenlos
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Ausstellung
Eintritt bzw. Teilnahme kostenlos

Herzliche Einladung zur Vernissage der Ausstellung „Traditionelle Belarusische Interieurs / Paganismus“ am 1. August um 20 Uhr in der Galerie nEUROPA. Zur Eröffnung wird der Künstler Andrei Liankevich anwesend sein.

Die Ausstellung zeigt das aktuelle Fotoprojekt, in dem Liankevich die verschwindenden Innenraumausstattungen traditioneller Häuser in Belarus dokumentiert. Sein Projektarchiv umfasst inzwischen mehr als 100 Innenräume und er plant, sein digitales Online-Archiv by-traditional-interior.org zu erweitern, in dem jeder Nutzer die Möglichkeit haben wird, zusätzlich zu Liankevich‘ Aufnahmen eigene Fotos weiterer Innenräume und Häuser hochzuladen. Die Fotos im Archiv werden die Grundlage für zukünftige Forschungen über die traditionelle Lebensweise der Belarusen bilden. Neben den Interieurs zeigt Liankevich auch die Bewohnerinnen, meist in ihren (traditionellen) Alltagskleidern.

Ergänzt werden die Fotografien durch Liankevichs dokumentarisches Langzeitprojekt zu Ritualen, Festen und Mythen des belarusischen Paganismus, welches die spirituelle Verbindung der Menschen zu ihrer Umwelt sichtbar macht. Seine eindringlichen Porträts und die Darstellung traditioneller Lebensräume laden das Publikum ein, einen faszinierenden und vom Verschwinden bedrohten Teil belarusischer Identität kennenzulernen: heidnische Bräuche, die bis heute in den Dörfern des Landes lebendig sind.

Die Ausstellung wirft einen anthropologischen wie künstlerischen Blick auf Belarus – zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

„In den letzten 60 Jahren hat Belarus einen tiefgreifenden Wandel durchgemacht, wobei die rasche Verstädterung das demografische und kulturelle Gefüge des Landes umgestaltet hat. Heute leben nur noch 25 % der Bevölkerung auf dem Land und viele Dörfer sind von Entvölkerung oder Verlassenheit bedroht. Die in meinem Projekt erfassten ländlichen Innenräume sind nicht nur Lebensräume, sondern auch Aufbewahrungsorte für Erinnerungen und Traditionen. Die bestickten Textilien, die handgeschnitzten Möbel und die verblassenden Familienfotos spiegeln eine Lebensweise wider, die immer mehr verschwindet. Einst waren diese Häuser der Mittelpunkt des Familienlebens, Orte, an denen Generationen zusammenlebten, füreinander sorgten und Traditionen weitergaben. Jetzt, da die Kinder in weit entfernte Städte ziehen, müssen viele ältere Menschen ihren Lebensabend in Isolation verbringen, oft als Witwen. In Belarus leben 74 % der älteren Frauen allein.

Der Niedergang des traditionellen belarussischen Dorfes betrifft nicht nur den physischen Raum, sondern ist auch eine Geschichte des kulturellen Verlusts. Die jüngeren Generationen nutzen das Haus ihrer Eltern auf dem Land nur noch selten als Familienzentrum und die Bindungen zwischen den Generationen, die das Leben auf dem Land einst ausmachten, werden schwächer. Diese wie eingefrorenen Innenräume sind eine ergreifende Erinnerung an einen Lebensstil, der von Widerstandsfähigkeit, harter Arbeit und Verbundenheit mit dem Land geprägt war. Sie spiegeln aber auch die Schwierigkeiten des Alterns in Einsamkeit wider, wo wirtschaftliche Not, gesundheitliche Probleme und fehlende Unterstützung ihren Tribut fordern.

Der Niedergang des ländlichen Raums in Belarus spiegelt globale Trends wider, ist aber auch in der einzigartigen Geschichte des Landes verwurzelt, die von der sowjetischen Kollektivierung geprägt wurde.“

Andrei Liankevich

 

Der belarusische Fotograf Andrei Liankevich wurde 1981 im belarusischen Grodno geboren und lebt heute in Minsk. Er hat unter anderem mit der European Press Photo Agency (EPA) und der Anzenberger Agency zusammengearbeitet. 2008 schloss er sich SPUTNIK, einem Kollektiv junger Fotografen, an. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen internationalen Medien veröffentlicht, darunter The New York Times, Le Figaro, Newsweek, Die Zeit, Der Spiegel, GEO, Vanity Fair, Readers Digest und International Herald Tribune und in mehr als 60 Ausstellungen in Europa, Asien und den USA gezeigt. 2010 veröffentlichte er sein erstes Buch über belarusische heidnische Traditionen. Andrei wurde zu den 15 einflussreichsten belarusischen Künstlern von 2000 bis 2010 gezählt. Er organisierte eine World-Press-Photo-Ausstellung und initiierte den Monat der Fotografie in Minsk.

Fotografien: Andrei Liankevich (BY)
Kuration: Matthias Schumann (DE)


Das Projekt wird gefördert durch das Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes im Rahmen des Förderprogramms »Wir für Sachsen«.

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