Annemarie Schwarzenbach – Arbeitswelten
Bautzner Straße 49, 01099 Dresden, Deutschland
Eintritt bzw. Teilnahme kostenlos
Eintritt bzw. Teilnahme kostenlos
In dieser Ausstellung, welche im Rahmen des Projektes „VERTOVISm-WORLDWIDEWORKnoise“ realisiert wird, wollen wir uns einem Spezialgebiet im photographischen Schaffen der Schweizerin Annemarie Schwarzenbach (1908-1942), die von ihr dokumentierten Arbeitswelten, in den Mittelpunkt stellen. In Gdingen am Gotenhafen, auf dem Kohlenumschlagsplatz, komponierte sie konstruktivistisch anmutende, auf Elementarlinien und Formen konzentriert reduzierte Arbeitsrealitäten, die durch die geschickte Wahl von Aufnahmewinkel und Bildausschnitt bestimmt sind. Diese stehen in einem krassen Gegensatz zu ihren Aufnahmen archaischer Hafenwelten in Estland oder zu denen in Belgisch-Kongo. Hier dominiert nicht die Technik den Bildausschnitt, hier dominiert die einfache harte menschliche Arbeit die Hafenrealität.
„Wer ihr begegnete, verliebte sich in Annemarie Schwarzenbach, die pagenhaft anmutige, grazile, blitzgescheite Horgener Fabrikantentochter, die mit dreiundzwanzig ihren Doktor machte und den Verkehr mit ihrem Sportwagen ebenso durcheinanderbrachte wie das elterliche Gut Bocken mit ihrem unkonventionellen Verhalten. […]Die eigene Familie aber attestierte ihr nichts weniger als ‚moralische Verworfenheit‘, denn statt Heiratskandidaten aus guten Häusern liebte General Willes am 23. Mai 1908 geborene Enkelin Freundinnen wie Erika Mann, Therese Giehse oder Carson McCullers! An männlichen Partnern kamen, wenn überhaupt, nur feminine, ephebenhafte Typen in Frage: Klaus Mann, den sie zärtlich verehrte, oder der Diplomat Clarac, den sie heiratete, um als Französin der familiären Obhut zu entkommen. Seit 1930 gehörte sie zum Kreis um die Mann-Kinder Klaus und Erika, mit denen sie nicht nur die literarischen Ambitionen, sondern bald auch die Vorliebe für Alkohol, Morphium, schnell wechselnde Freundschaften und pausenloses Reisen teilte. […] Zu ihrer professionellen Spezialität aber wurde das persönlich gefärbte, mit eigenen Fotos illustrierte Reisefeuilleton. […] Eine Begabung, ja, aber eine, die auf intimer Ebene erkauft werden musste – mit einer Kette von Nervenzusammenbrüchen, Suizidversuchen, Drogenvergiftungen, Internierungen und Entziehungskuren. Bis sie 1940 – der deutschen Literatur ins Exil gefolgt und zum Englischen übergegangen – in die Fänge der amerikanischen Zwangspsychiatrie geriet und innerlich zerbrach. Über die Zwischenstation Belgisch-Kongo auf abenteuerlichem Wege nach Sils-Baselgia im Engadin heimgekehrt, starb sie, so die offizielle Version, am 15. November 1942 34-jährig an den Folgen eines Fahrradunfalls.
[…]“ Brillant, charmant und eigenwillig ist dieser lexikalische Extrakt von Charles Linsmayer, der auch eine umfangreiche Biografie unter dem Titel „Annemarie Schwarzenbach. Ein Kapitel tragische Schweizer Literaturgeschichte“ verfasste. Die Reisejournalistin und Photographin arbeitete im Auftrag von Schweizer Tageszeitungen und Magazinen und hinterließ uns exzellente stilistische Perlen, die mitunter getrost als Prosa-Gedichte gelesen werden können.
Die Ausstellung ist der erste Teil des von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, der Stadt Dresden und in Kooperation mit Morphonic Lab 2019 geförderten Projektes VERTOVISm-WORLDWIDEWORKnoise.
Gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts.