Inspiration Kuks

Fotografien und Zeichnungen von Matthias Jackisch

Fotografien und Tuschezeichnungen: Matthias Jackisch
Fotografien Ausstellung und Künstlerportrait: Jan Oelker
Fotografien Vernissage und Ausstellungsabbau: Simon Wolf
Kuration und Texte: Jan Oelker
Digitale Umsetzung: Simon Wolf, Fabian Herzog

Eine digitale Ergänzung zur Ausstellung vom 30.09. bis 15.11.2022 der Galerie nEUROPA

In Kuks, im Nordosten Tschechiens zwischen Trutnov und Hradec Králove an der Elbe gelegen, lies Franz Anton Graf von Sporck, am Ende des 17. Jahrhunderts, ein ganzes barockes Ensemble entstehen. Mit Schloss und Bad auf der einen Seite des Flusses und ein Hospiz für Kriegsveteranen, dem Hospital, auf der anderen. Sporck war offen für die Ideen der frühen Aufklärung und half als Verleger, diese auch zu verbreiten. Er scheute dabei nicht die Auseinandersetzung mit der Kirche, was zu mehreren Prozessen führte. Vor allem war Graf von Sporck jedoch sehr aufgeschlossen für die Kunst und deren großer Förderer.

Er engagierte den in Tirol geborenen Bildhauer Matthias Bernhard Braun, um dieses Ensemble mit Skulpturen zu veredeln. Mit der Leichtigkeit und der sanften Ironie seiner Figuren gelang es Braun, die weltanschaulichen Positionen des Grafen, die er ganz sicher geteilt haben muss, subtil „in Stein zu meißeln”. lm Auftrag seines Gönners konnte Braun zwischen 1713 und 1732 so in Kuks sein Opus Magnum erschaffen und avancierte damit zu einem der bedeutendsten Bildhauer des Barocks.

Zwischen 1713 und 1720 entstanden um das Hospital Kuks mehrere Skulpturengruppen, wie die Allegorie der “Seligpreisungen”, die “12 Tugenden” und die “12 Laster”. Daran anschließend schuf Braun im von Sporck angelegten Neuwald einen Skulpturenpark, der direkt vor Ort gefertigt wurde. An den Wänden ehemaliger Steinbrüche entstanden Reliefs, aus im Wald liegenden Steinen wurden Skulpturen gehauen. Braun und seine Schüler schufen damit 250 Jahre vor Prägung dieses Kunstbegriffs ein Meisterwerk der „Land Art“, freilich in barocker Form.

Der aus der Oberlausitz stammende Bildhauer und Zeichner Matthias Jackisch erlernte sein Handwerk in der Barockstadt Dresden, 350 Kilometer elbabwärts von Kuks. Drei Jahrhunderte später folgt er Brauns Spuren – so das Motto der Tschechisch-Deutschen Kulturtage 2022 – und lässt sich von dessen Werk inspirieren. Er findet darin ganz neue Aspekte und bringt als Ergebnis dieser Auseinandersetzung mit der Formensprache des Barocks das Buch „Hausen im Stein” heraus. Darin setzt er die allgemeinen Betrachtungen des Kunstkritikers Wilhelm Hausenstein zum Wesen des Barocks in einen konkreten Bezug zu den Skulpturen Matthias Bernhard Brauns. Jackisch verknüpft seine Fotos von Brauns Figuren mit Zitaten aus Hausensteins im Jahr 1920 erschienenen Buch „Vom Geist des Barock“ und erschafft so eine imaginäre Begegnung zwischen dem Kunstkritiker und dem Bildhauer.

„Das Barock will diesen Streit gegen die Freiheit der Form” schrieb Hausenstein in seinen Betrachtungen. Matthias Jackisch, der die „Freiheit der Form” mitnichten scheut, nimmt in seinen Zeichnungen den barocken Schwung der Braunschen Skulpturen auf. Im Zusammenspiel dieser Zeichnungen mit seinen in Kuks aufgenommenen Fotografien führt er in dieser Ausstellung ein Zwiegespräch mit seinem Kollegen und Namensvetter über Jahrhunderte und Landesgrenzen hinweg.

Matthias Jackisch

„Zeichnen Tag für Tag, um zu sehen, wie der Engel landet”

Der 1958 in Oschatz geborene Bildhauer Matthias Jackisch verbringt seine Kindheit in der Oberlausitz. Nach dem Abitur absolviert er eine Steinmetzlehre in Steinigtwolmsdorf und Dresden. Mit dem Berufsabschluss als Steinbildhauer studiert er von 1981 bis 1986 an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden Bildhauerei.

Von 1985 bis 1990 arbeitet er mit Tobias Stengel und Christian Späte in der Gruppe Meier zusammen, schafft überwiegend Rauminstallationen, sowie filigrane Skulpturen aus Stein, Draht und Papier. In den 1999-er Jahren wendet sich Matthias Jackisch der Performance Art zu und nimmt an nationalen und internationalen Festivals teil. Seit 1997 bilden selbst gefertigte Steinflöten einen festen Bestandteil seiner Performances.

Seit der Jahrtausendwende rückt Matthias Jackisch neben den Performances mit Steinflöten wieder Skulptur und Zeichnung in den Mittelpunkt seines Schaffens, die für ihn untrennbar miteinander verbunden sind: „Ohne Zeichnung keine Skulptur- ohne Skulptur keine Zeichnung”.