Gorbitz

Die Veranstaltungen in Gorbitzย fanden in Kooperation mitย Quartiersmanagement Gorbitz,ย Nachbarschaftshilfeverein e.V., MEDEA Internationalย undย Omse e.V.ย statt.

Die Treffpunkt ostZONE Veranstaltungen in Gorbitz fanden in Kooperation mit Quartiersmanagement GorbitzNachbarschaftshilfeverein e.V., MEDEA International und Omse e.V. statt.


18.06.2021 – Marktcafรฉ

โ€žWohnen in Gorbitzโ€œ mit der Kรผnstlerin Anja Maria Eisen

Der Kaffee duftet, der Kuchen ist bereitgestellt. Vielfรคltige Erinnerungen an das Leben in Gorbitz zur DDR-Zeit. Alt-Gorbitz. Bau der Plattenbauten. Gefragtes Viertel. Gute Verkehrsanbindung. Hellhรถrig und schwierige Nachbarschaft. Kontrolle. Zusammenhalt. Zum Thema โ€žGab es Kontakt zu den Vertragsarbeitern?โ€œ werden unterschiedliche Erinnerungen wach. Jeglicher Kontakt sei doch streng verboten gewesen. Heimliche Besuche im Wohnblock der Vietnamesen mit der Strickleiter. โ€žNein, natรผrlich konnten wir uns treffen und miteinander reden, und nicht nur das, aber die Vietnamesen durften nichtโ€œ, meinen andere. Die Erinnerungen sprudeln, alle sind froh, endlich darรผber reden zu kรถnnen. โ€žWann treffen wir uns das nรคchste Mal? Ich bringe Fotos mit.โ€œ Die Kรผnstlerin Anja Maria Eisen verbildlicht direkt wรคhrend des Marktcafรฉs die Erzรคhlungen. Ihre kleinen Collagen verdeutlichen die Berichte, ob zur Wohnsituation in Gorbitz, den โ€žFremdenโ€œ oder dem nachbarschaftlichen โ€žInfoserviceโ€œ, wenn es etwas Besonderes zu kaufen gab, zum Beispiel Ketchup.

18.06.2021 – Stadtteilspaziergang

โ€žZuwanderung in Gorbitz DDR – heuteโ€œ mit Jรผrgen Czytrich und der Kรผnstlerin Anja Maria Eisen

Jรผrgen Czytrich, Gorbitzer Urgestein, hat sich wie immer gut vorbereitet. Unser Rundgang startet am Betriebshof Gorbitz. Die zukunftsweisende und nachhaltige Planung des ร–ffentlichen Nahverkehrs in den 1980er Jahren beeindruckt. Er erlรคutert anschaulich die architektonische Gestaltung des Stadtteils. Wie wurden die Plattenbauten geplant, angelegt? Welche gesellschaftlichen Vorstellungen spiegeln die vielen Innenhรถfe, Spielplรคtze, Grรผnflรคchen? Was bedeuten die langen Regenrinnen รผberall? Verรคnderungen seit der Wende vor Ort: Besichtigung der Laborschule, der freien Schule des Omse e.V. Mit Mosaiken von Elena Pagel im Garten. Und noch mehr Grรผnflรคchen. Umbau der Wohnungen, mehr Quadratmeter. Wo wohnten die Zugereisten – damals? Und heute? 

Die Kรผnstlerin Anja Maria Eisen begleitet den Rundgang und stellt den Gรคsten die Aufgabe, unterwegs die sichtbaren Muster festzuhalten. Auf Papier zu schraffieren. Musterreichtum. Die Vielfรคltigkeit von Gorbitz wird sichtbar. Neugierig werden wir beรคugt: Was machen die da?

19. & 26.06.2021 – Biografie-Kunstworkshop

Zwei Workshoptage mit den Kรผnstlerinnen Anja Maria Eisen und Nadine Wรถlk

Tag 1 Es ist heiรŸ. Der schรถne, helle Raum wird abgedunkelt. Die Kรผnstlerinnen schieben die Tische zu einer langen Arbeitsflรคche zusammen. Gemeinsam und nebeneinander arbeiten. Vorstellungsrunde mit Kaffee. Teilnehmende mit verschiedenen Muttersprachen. Zweite Runde. Anja Maria Eisen ermuntert die Anwesenden. โ€žErzรคhlt doch mal, wie war das zu eurer Schulzeit, zu eurer Jugend in der DDR?โ€œ Sie verteilt Leinwรคnde. Stifte, Stoffreste, Papierschnipsel, Draht, alles liegt parat. Erste Sรคtze werden geschrieben. โ€žSchlรผsselkindโ€œ. Nicht alle der Anwesenden wissen, was das bedeutet. Erklรคrungen. Gab es auch im Westen. Wie sahen die Bewohner der BRD, Sowjetunion, Iran die DDR? Erlebnisse und Assoziationen fรผllen die Leinwรคnde. Dann die Aufforderung, die eigene Leinwand an die Nachbarin weiterzugeben. Gemurmel. Gelรคchter. Teilen der Erinnerung, Bereicherung und Verรคnderung der Geschichte.

Anja Maria Eisen: Collagen auf Leinwand
„Leben ist eine Collage aus einer Fรผlle von Eindrรผcken, Erfahrungen, Erlebnissen im Jetzt, die wir mit uns und allen Begegnungen auf dieser Erde machen dรผrfen. Wenn wir zurรผckschauen, kรถnnen wir die Einflรผsse der gesellschaftlichen Zeit, in der wir gelebt haben, erkennen. Hier geht es nun besonders um die Erfahrungen im โ€žOstenโ€œ.
Eine kรผnstlerische Technik, die mich immer wieder inspiriert und die mir fรผr Geschichten aus dem Leben besonders passend erscheint, ist die Collage. Einzelne โ€žSchnipselโ€œ kรถnnen miteinander verbunden werden und ein stimmiges Ganzes ergeben. Dies scheint mir eine passende Form des Ausdrucks zum Thema โ€žBiografieworkshop Ostzoneโ€œ. Ich habe den Teilnehmer:innen eine reiche Sammlung an Material aus meinem Atelier sowie Leinwรคnde zur Verfรผgung gestellt.
Da Leben immer auch Miteinander, Austausch, Verbindung und Trennung bedeutet, habe ich die Teilnehmenden gebeten, alle gemeinsam auf den Leinwรคnden zu arbeiten und sich dabei vom eigenen Leben, dem Material und den Impulsen der anderen mutig leiten zu lassen. Alle haben an allen Leinwรคnden Anteil gehabt, teilweise im Austausch davor und teilweise in der direkten Gestaltung. Wenn man diese entstandenen Fragmente zu einem Ganzen zusammenzieht, entsteht eine groรŸe Assoziationsflรคche, die den Betrachtenden die Mรถglichkeit bietet, sich in diesem Kosmos zu entdecken.“ (Anja Maria Eisen)

Nadine Wรถlk erarbeitete fรผr die Biografie-Kunstworkshops individuelle Erinnerungshefte. Projektbรผcher. Jedes Heftchen ist einzigartig. In GrรถรŸe und Papier. Schwarz-weiรŸ. Altpapier, unterschiedliche Stรคrke. Teilweise gemustert. Versehen mit einer Schlaufe und der Beschriftung: ErinnerungsCOLLAGEN / Projektbuch. Eine Anleitung findet sich mittendrin. Ein persรถnliches Erinnerungsheft รผber das eigene Leben. Einige mitgebrachte Fotos werden eingeklebt. Erste Seiten beschriftet. Spurensicherung.

Nadine Wรถlk: ErinnerungsCOLLAGEN | Projektbuch
„Der Aufbau bzw. die Struktur des Projektbuchs soll entfernt an ein Skizzenbuch, Tagebuch oder Fotoalbum erinnern und in erster Linie zur Reflexion und zur Ideensammlung dienen. Deswegen fand ich die Idee und gleichermaรŸen die ร„sthetik des Upcyclings (z.B. von alten und teilweise schon benutzten Papierarten) spannend und folgerichtig. Zudem haben Erinnerungsfetzen bzw. Sequenzen, Rezepte, Zitate, Konzepte, Merksรคtze, Erkenntnisse, Witze und philosophische Ansรคtze Platz.
Die eigene Reflexion ermรถglicht eine Auseinandersetzung mit dem DAMALS und HEUTE. Die Workshopteilnehmer:innen kรถnnen sich durch gemeinsame Gesprรคche und Diskussionen wรคhrend des Workshops so gezielt dem DAMALS nรคhern, auf Spurensuche gehen, und ggf. mit etwas Abstand auch ein individuelles Fazit ziehen. Es geht in erster Linie um Lebenslรคufe, eigene Biografien, geprรคgt durch die Umstรคnde, Zwรคnge ihrer Zeit.
Die Teilnehmer:innen kรถnnen bei Bedarf alte Fotos, Polaroids hervorsuchen, zumal es Teil des Konzepts ist, dass sie die Erinnerungsbรผcher mit nach Hause nehmen kรถnnen, in ihr privates Umfeld, fernab von jeglicher ร–ffentlichkeit. Es steht ihnen frei, Ausdrucke bzw. Schwarz-WeiรŸ-Kopien von alten Dokumenten, Urkunden oder Fotos zu machen und diese zu bearbeiten (z.B. bestimmte Stellen, Inhalte schwรคrzen oder den richtigen Kontext wรคhlen), sowie schlussendlich in das Buch zu kleben. Dadurch findet dann eine authentische Auseinandersetzung mit den damaligen gesellschaftlichen Strukturen (eigene Vita, Berufswahl bzw. Karriere, Wendepunkte) statt. Erkenntnisse + Fazit = eigene IDENTITร„T.
Anleitung zum Projektbuch bzw. Erinnerungsbuch / Erinnerungsheftchen:
Analyse: Wo gibt es Parallelen? Wie war ich integriert? Welche Mรถglichkeiten hatte ich bzw. welche wurden mir verwehrt? Warum war mein Lebensweg so und nicht anders bzw. was wรผrde ich heute anders machen? (Familie + Freunde + Partnerschaft | Ziele z.B. die eigene Haltung zur Welt)?
Umsetzung als Collage mit vorgefertigten Teilen: z.B. Fotokopien von alten Dokumenten, Schul-, Arzt-, Amtsstempel, Fragmente von Zeugnissen oder Urkunden // Details // Lieder // Texte // Rezepte // Gedichte // Biografien // Zitate // รœberlieferungen // altes Brauchtum // KULTURELLE IDENTITร„T = ERINNERUNGSFRAGMENTE: in einzelne Elemente zerlegen und neu zusammensetzenโ€ฆund somit neue Inhalte bzw. Kernaussagen schaffen.

Analyse Begriff Heimat bzw. neue Heimat, Wurzeln oder entwurzelt etc. Sich spielerisch und forschend dem eigenen Wertesystem nรคhern.
รœberlegen: Was zรคhlt fรผr mich im Leben? Was ist gut und was soll sich verรคndern? Wo mรถchte ich in 10 oder mehr Jahren sein?“ (Nadine Wรถlk)

Tag 2 Neue Teilnehmende kommen dazu. Neue Leinwรคnde, neue Erinnerungshefte. Weitere Sprachen. Und viel Kaffee. Begriffe fallen. NVA. Jugendweihe. FDJ. Blauhemd. Die Sportler. Akam fasziniert die โ€žfreiwillige Pflichtโ€œ. Die Leinwรคnde gehen den Tisch reihum. Reger Austausch รผber das Leben in der DDR oder zu DDR-Zeiten. Kindheit in Kasachstan. In der Ukraine. Die Jรผngeren kรถnnen sich die Grenze durch Deutschland nicht vorstellen.

Die Erinnerungshefte fรผllen sich. Erlebnisse, mit der Hand aufgeschrieben. Zeugnisse, Sportabzeichen, Belobigungen, Verweise. Amtsstempel. Die ausstellenden Behรถrden existieren nicht mehr. Was ist Identitรคt? Die Hefte werden mitgenommen. Weiterschreiben.


Das Projekt Treffpunkt ostZONE. Erinnern und gestalten wird gefรถrdert durch das House of Resources Dresden +. Diese MaรŸnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sรคchsischen Landtag beschlossenen Haushaltes im Rahmen des Landesprogrammes Integrative MaรŸnahmen.