MAGnEUROPA Götz Schlötke

Redaktion
Simon Wolf, Holger Wendland

Sprache
Deutsch

Printausgabe
3 Euro
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Digitale Ausgabe

© Kultur Aktiv e.V. | 2018

Inhalt

Götz Schlötke
Gruppe Meier

1984 kam er ins Atelier der Hochschule für Bildende Künste Dresden, neugierig, obwohl Modell-Stehen sicher auch mit Geld zu tun hatte. Ihm war sein Job als Mechaniker leid geworden. Wir sahen ihn gern, so schlank und groß und durchscheinend, seine Knochen waren überall sichtbar; er war anregend für Bildhauer, denen das Naturstudium zum Halse heraus hing.

Er interessierte sich zunehmend für unsere Arbeit. Götz begann zu zeichnen und zu modellieren, da er ja beim Modell-Stehen auch alle unsere Korrekturen mithörte. Irgendwann schenkte Christian ihm eine Spiegelreflexkamera. Und so wurde er Photograph.

Er eignete sich schnell die technischen Fähigkeiten der Lichtbildnerei an. Fürs Studium an der Leipziger Hochschule wurde er nicht zugelassen. Eine Lehre im Handwerk der Photographie zog er nicht in Betracht. So blieb er Autodidakt und entwickelte enorme Fähigkeiten im Umgang mit den Laborgeräten bis hin zur Farb-Photographie. Unsere Plastiken waren seine ersten Motive. Nach und nach bestellten Kommilitonen und Professoren Aufnahmen ihrer Arbeiten gegen Entgelt.

1986 verließen wir alle die Hochschule. Damals nannten wir uns Gruppe Meier (Christian Späte, Tobias Stengel, Matthias Jackisch). Diese intensive Zeit fand auch dank seiner Photos große Resonanz. Götz begleitete fast alle unsere Aktivitäten mit der Kamera. Wir wurden eingeladen, uns an verschiedenen Ausstellungen zu beteiligen, konnten reisen. Götz durfte nie mit uns in den „Westen”. Er war in der DDR als Oppositioneller registriert. Bei den Protesten 1989 am Hauptbahnhof Dresden wurde er inhaftiert. Die Zusammenarbeit der Gruppe Meier endete nach der „Wende”. Nicht aber die Freundschaft zu Götz. Er dokumentierte weiterhin auch unsere Aktivitäten als Einzelkünstler.

1992 fand seine erste Einzelausstellung in Berlin in der Galerie Zielke statt. Er zeigte damals vor allem große Photo-Leinwände mit Direktablichtungen seines Körpers, seine Photogramme. Werkaufnahmen in vielen Künstler-Ateliers ermöglichten ihm eine weitreichende Vernetzung. Gebucht wurde er fortan ebenso von verschiedenen Theatern. Performance-Photographien zahlreicher Festivals fanden auf Ausstellungen internationale Beachtung.

Nebenbei wuchs sein Fundus an photographischen „Fundstücken”. Anfangs noch dem Stillleben verwandt, trug er Verlorenes, Gestrandetes, Überfahrenes, Untergehendes und Auftauchendes immer eigenständiger als Serien oder Werk-Komplexe zusammen. Anfangs noch streng in Schwarz und Weiß, später farbig, betrieb er dieses Hinsehen. Und dann mailte er: „Ich photographiere jetzt das Licht.” Diese Aufnahmen nannte er „Olmec”.
Götz Schlötke starb im Dezember 2001 an Krebs.

Matthias Jackisch im Dezember 2017