Renée Renard – Ein Weg wie hundert Leben
Bautzner Straße 49, 01099 Dresden, Deutschland
Eintritt bzw. Teilnahme kostenlos
Eintritt bzw. Teilnahme kostenlos
Ein Weg wie hundert Leben
„Ein Weg wie hundert Leben“ ist die Geschichte meiner französisch-deutschen Familie aus Lothringen und dem Schwarzwald des XVIII. Jahrhunderts. Der Entschluss, unsere Familiengeschichte zu erforschen, gab mir schließlich den Mut, die kleine alte Holzschachtel zu öffnen, in der meine Großmutter die wenigen übrig gebliebenen Photos, Dokumente und Briefe aufbewahrte. Dabei überwältigte mich die späte Erkenntnis dessen, was wirklich „Trennung“, „Heimweh“, „Entwurzelung“ bedeutet – die Deportation der Großeltern nach Russland, der Urgroßeltern in den Bărăgan, des Vaters an den Donau-Kanal – das gespaltene Dasein, das die GESCHICHTE ihrem Leben aufgezwungen hatte. Auch erkannte ich ebenso tiefgründig, dass man „nach Hause“ zurückkehren kann, auch wenn da kein Haus mehr steht; dass die Kraft des Glaubens und das Überleben des Geistes einen retten, auch wenn die Geschichte einem dazu scheinbar keine Chance lässt. Über meinen Großvater Renard Ioan Nicolae wusste ich fast gar nichts. Ich hatte nur ein Foto und ein Gerichtsurteil , dass seinen Tod am 24.01.1946 im Arbeitslager Nr.1651 in Ufalo/Russland erklärte.
Eines Morgens, als ich an meinem Projekt arbeitete, dachte ich wieder an ihn. Dass er, obwohl französischer Abstammung, wahrscheinlich durch einen Fehler auf die Liste der 68.000 Personen deutscher Herkunft, die im Januar 1945 nach Russland deportiert wurden, kam. Und dass er wahrscheinlich den Tod von lauter Hunger, Kälte und Erschöpfung fand. Plötzlich, mitten in meinen Gedanken, schlug ein Vogel mit voller Kraft gegen das Fenster. Das hatte ich noch nie erlebt, und ich frage mich ob es wirklich wahr sei, dass Vögel die Boten des Himmels wären. Am selben Abend erhielt ich völlig unerwartet und unverhofft Informationen über meinen Großvater: Fotos aus seiner Kindheit, Erinnerungen aus einer längst vergangenen Zeit… und die Nachricht, dass er damals im Lager aus lauter Verzweiflung Selbstmord begangen hatte.
Renée Renard
Studium: Veterinärmedizinische Fakultät (1992); Postgraduiertenstudium an
der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften (2003); Lizenziat in Multimedia-
Design (2008) und Magister in Werbungs- und Buchgrafik (2010) an der
Fakultät für Kunst und Design Timișoara/ Rumänien.
Das künstlerische Schaffen von Renée Renard wird von zwei Hauptthemen gekennzeichnet:
die Konvergenz zwischen Kunst und Wissenschaft und die Gedächtnisforschung und -interpretation. Das Projekt „Bilder zu Teodora Enaches Musik“, eine fotografische Verarbeitung eines sensoriellen Phänomens (Synästhesie) wurde in den Cărturești-Gallerien Timișoara (2008) und Cluj-Napoca (2009) sowie als Szenografie für Theodora Enaches Jazzkonzert im Kunstmuseum Cluj-Napoca (2009) vorgestellt. Das Projekt „Wasserflügel“ (Unterwasserphotographie und -video) wurde in der Galerie Helios Timișoara (2010) und am Sitz der World Bank Bukarest (2011) ausgestellt. Ab dem Jahr 2010 widmet Renard sich der Analyse und Interpretation der persönlichen Erinnerungen und der Familiengeschichte im breiteren Kontext der Geschichte des Banats. Das Projekt „Ein Weg wie hundert Leben“ (Dokumente und Fotos aus dem Familienarchiv,
Photographie, digitale Verarbeitung, Video, Installation) wurde in der Helios-Galerie in Timișoara (2013), beim Sarajevo -Friedensfestival / BIH (2014), im Stefan-Jäger-Museum in Jimbolia (2015), Friedrich-Teutsch-Haus in Sibiu (2015), Kunstmuseum Arad (2016) und Kunstmuseum Satu Mare (2017) ausgestellt. Im Rahmen dieser Ausstellungen gab es Workshops mit Schülern über ihre Familiengeschichte (über 500 Teilnehmer). Renée Renard nahm in den letzten acht Jahren an über 60 lokalen, nationalen und internationalen Gruppenausstellungen teil (Frankreich, Deutschland, Belgien, Portugal, Griechenland, USA, Israel, China, Ungarn, Serbien, Litauen). Sie erhielt im Jahr 2013 den Murano-Preis für Design (fusioniertes Glas) von der Scuola del Vetro Abate Zanetti in Murano/Italien und im Jahr 2016 den Preis der Gemeinde Portet sur Garonne/Frankreich bei der Triennale Européenne de l‘Estampe Contemporaine. Renée Renard ist Mitglied des Verbandes der bildenden Künstler aus Timișoara, Abteilung Multimedia und Vizepräsidentin des Vereins Diplomatic Art.