Geschlossene Grenzen und das Schrumpfen des Alltags auf das Nötigste, Nächste und Bekannteste sind noch lange kein Grund, auch im Kopf die Schranken eng zu setzen. Auch und vor allem in dieser Zeit gilt es, regelmäßig über den Tellerrand zu schauen und die Kreativität wachzuhalten!
Selbst kreativ zu werden ist wohl zur Zeit gar nicht so abwegig, stolpert doch bestimmt jeder*r immer öfter im Internet über Bilder, auf denen bekannte Gemälde zuhause nachgestellt werden. Seine Anfänge hat dieser Trend in den Niederlanden im Hashtag #tussenkunstenquarantaine, der nunmehr täglich um viele Fotos bereichert wird. Noch populärer wurde die Idee durch einen Aufruf des Getty Museums in Los Angeles über Twitter.
Auch Russland entzieht sich weder der #gettymuseumchallenge, noch dem Charme und Witz der Idee, die lange Tage zuhause belebt und ganz nebenbei eine neue Auseinandersetzung mit der Kunst in Gang setzt. Eine Option, für die gerade die Bewohner*innen der Hauptstadt, die unter strengem Ausgangsverbot stehen, dankbar sein mögen, aber auch alle anderen, die angesichts der drastischen Lage ab und zu auch auf andere Gedanken kommen wollen.
Und so werden wie überall auf der Welt in russischen Wohnzimmern fleißig Bilder nachgestellt. Auch hier sind die Vorlagen häufig Klassiker wie Vermeers „Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ oder verschiedene Porträts Van Goghs, aber auch landeseigene Kunst wird aufgenommen und transformiert. Beliebte Ausgangskunstwerke sind dabei zum Beispiel „Eine russische Marktfrau beim Teetrinken“ von Boris Michailowitsch Kustodijew und „Aljonuschka“ von Viktor Michailowitsch Wasnezow. Auch aktuelle Werke finden Beachtung, vor allem die des Karikaturisten Andrei Popov.
Wer neugierig geworden ist und sich noch mehr russische Versionen nachgestellter Kunst anschauen möchte, wird fündig unter Instagram, Facebookoder Youtube.
Schön ist auf jeden Fall zu sehen, wie eine einzelne kleine Idee über Grenzen hinweg begeistern und für Austausch sorgen kann!
P.S.: Wir präsentieren euch hier unsere Version von „Zar Iwan der Schreckliche mit seinem Sohn Iwan am 16. November 1581“ des russischen Künstlers Ilja Jefimowitsch Repin. Übrigens ist dieses Kunstwerk zwar sehr bekannt, aber in der russischen nationalistischen Strömung gar nicht beliebt. Dass es den Zaren zeigt, nachdem er selbst seinen Sohn ermordet hat, wirft natürlich kein gutes Licht auf den hochgerühmten Großherrscher. Deshalb wurde das Bild, nachdem die Tretjakow-Galerie seine Entferung abgelehnt hatte, schon zweimal von empörten (in einem Fall auch alkoholisierten) Nationalisten beschädigt. Zum Glück nicht so nachhaltig wie der arme Zarewitsch…