Über Nebelschütz wurde schon viel berichtet. Ein Dorf der Zukunft, eine Gemeinde in Aufbruchstimmung, experimentierfreudig und voller Ideen – aber auch mit einer langen Geschichte. Während unserer Dialogwanderung im Rahmen von Kunst im Dialog konnten Wanderlustige bei bestem Frühlingswetter die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft live erleben. Der in der sorbischen Ortschaft sehr umtriebige und engagierte Permakultur-Experte Thomas Noack führte uns entlang des Flüsschens Jauer von Nebelschütz in den Ortsteil Miltitz und weiter zum Steinbruchsee “Am Krabatstein”. Dieses Ziel war kein Zufall, denn hier erhielten wir Einblicke in die Arbeit des Vereins Steinleicht e.V., der den ehemaligen Granit-Steinbruch in ein soziokulturelles Zentrum für Kunst, Begegnung und Permakultur verwandelt hat.Wie sich die Gemeinde Nebelschütz/ Njebjelcicy nach der Friedlichen Revolution und dem Ende des Granitabbaus in der Westlausitz veränderte, verdeutlichte anschließend der Kurzfilm “Der Um/Bruch”. Erstmals wurde das Werk des Filmschaffenden Ingo Morgenstern in der wunderbaren Scheune der Familie Neumann in Miltitz der Öffentlichkeit präsentiert.
In “Der Um/Bruch” wird exemplarisch an Nebelschütz gezeigt, wie die frühere Steinbruch-Industrie nach der Wiedervereinigung endete. Doch es entstanden neue Impulse und Ansätze, den alten Steinbruch zu nutzen. In dem rund 30-minütigen Film spricht der geschichtskundige Kenner der Granitindustrie Gerhard Lilge mit dem Bewohner Norbert Schäfrig darüber, wie sich der ehemalige Steinbruch entwickelte. Thomas Zschornak, Bürgermeister von Nebelschütz, kommt bei “Der Um/Bruch” ebenfalls zu Wort und beschreibt die Entwicklungen der letzten Jahre, darunter die Eröffnung eines sorbischen Kindergartens, Kooperationen mit Forschungseinrichtungen und neu gegründete Start-ups. Der Film war der ideale Nährboden für eine angeregte Diskussion nach der Vorführung. Beteiligte sprachen sehr lange mit den anwesenden Protagonisten des Films und dem Team von Sachsen im Dialog über die Unterschiede zwischen der DDR-Zeit und heute, dem Stellenwert von Bildung, den Konfliktlinien in der Dorfgemeinschaft und der Notwendigkeit des gemeinsamen Tuns. Das war ein engagierter und offener Dialog, der aber nicht zwischen allen in der Gemeinde immer so geführt wird. Denn auch hier sind Unzufriedenheiten in den letzten Jahren entstanden, machen Konflikte einen offenen Dialog zwischen den Lagern gerade notwendig. Und dies spürten alle Beteiligten.
Dennoch – ein spannender Film und ein gelungener Tag in Nebelschütz! Für uns von Sachsen im Dialog ist klar: Wir kommen gerne wieder. Denn eines zeigte uns die Diskussion nach der Filmvorführung deutlich: Dialog wird auch in Zukunft in Nebelschütz wichtig und nötig sein. Wir bedanken uns herzlichst bei allen Beteiligten. Ein Gruß geht an Familie Neumann für die Möglichkeit, die herrlich authentische Kulisse für Sachsen im Dialog verwenden zu dürfen. Bis bald!
Fotos: Matthias Schumann
Kunst im Dialog
„Kunst im Dialog“ möchte Raum für Begegnungen und einen Meinungsaustausch auf Augenhöhe schaffen, der herrschenden Konflikten entgegensteht und den gesellschaftlichen Zusammenhang schützen und stärken kann. Menschen sollen ins Gespräch gebracht werden und die ländliche Perspektive eine Stimme bekommen.
Dafür werden in drei Gemeinden aus dem ländlichen Raum – Königstein, Nebelschütz und Oschatz – biografischen Kurzfilme und Dialogwanderungen mit Bürger:innen vor Ort stattfinden.
Zeitraum
07.2021 – 12.2022
Projektkoordination
Marcus Oertel (Projektleitung)
Projektpartner
Werkstatt 26
E-Werk Oschatz
Steinleicht e.V.
Gefördert durch
Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien