Text: Falk Goernert · Fotos: Yvonn Spauschus
Sprecherin: Rosa Hauch
earing oder eine Schule des Lauschens
Die polnische Klang-, Interaktions,- und Performancekünstlerin Zorka Wollny nimmt uns mit in einen Raum im Obergeschoss des Kleinen Hauses. In einer Woche wird ihre Einzelausstellung im Städtischen Kunsthaus eröffnet werden. Als kleine Trainingseinheit lädt Sie uns Teilnehmende nun zu einer akustischen, imaginären Forschungsreise ein – stante pedes und mit einer gehörigen Portion wohlwollender Neugierde. In der kommenden Stunde erleben wir ein Spiel der Fantasie und der Verbundenheiten. Die viel beschriebene „Entzauberung der (modernen) Welt“ scheint aufgehoben.
Unverhofft finden wir uns im akustischen freien Fall: Unsere Münder wölben sich nach außen. Mitunter sind sie trichterförmig nach vorn gestaltet oder öffnen und schließen sich in unregelmäßigen Intervallen… Unsere Augen sind dabei geschlossen und das Kino für die Ohren kann beginnen. Zorka wählt als Handlungsorte der Vorstellung das Dickicht eines Waldes und die Tiefen des Ozeans. Im Kreis sitzend beginnen wir in Schleifen zu Tönen und zu Lauschen. Crescendo-Klänge erfüllen den Raum.
Schhhhhhhhhhhhh schschschschsch ahahahahah fffffffffffffhhhhhhhhhh ssssssssss hhhhhhhhhhhhhhsssssssss krrrrrrrrrrr chhhhhhhhhhh quähhhhhhhhhh schhhhbbbbhhhhhhhbbububbubububububub ah ahah ahahffffhhhhh syss
Das Tönen selbst ist unsichtbar. Wir sehen es nicht und treten damit in den Raum der Imagination. Das Nicht-Sichtbare stimuliert unsere Fantasie und genau darin liegt sein durchlässiger Raum an nahezu unbegrenzten (Assoziations-)Möglichkeiten. Erst hören wir, dann folgt ein Horchen und schlussendlich ein Lauschen als etwas Fließendes, Waberndes. Der Klang wird zu etwas Suchendem, ein (akustisches) Tasten; mehr eine Ahnung als eine festumrissene Einheit. Und diese unsere (Schall-)Wellen schwingen miteinander; und mit diesen kreiert sich eine Beziehung unter uns Teilnehmenden; akustische Paarungen und Frage- und Antwortsituationen entstehen. So kann sie sein, die Erfahrung der Resonanz.
it sounds like
Über was erzählt die Sprache (noch), wenn sie klingt? Was passiert, wenn wir sie hören; wenn wir in das Gesicht schauen, von dem sie ausgeht?
Einem Atrium gleich kreiert das Kleine Haus wieder einen Aufenthaltsraum unter freiem Himmel – Montagscafé geöffnet. Unser Workshopzelt flirtet mit der frühsommerlichen Sonne und immer wieder folgen wir dem Schatten. Direkt neben uns wird auf der mobilen Küche vegane Bolognese gekocht, Getränke können gegriffen werden und die verschiedenen Ensembles an Tischen und Stühlen werden zu Inseln der Begegnung und des Austauschs. Tuba und Yüksel setzen sich zu uns. In ihrem Heimatland Türkei haben sie als Grundschullehrerinnen gearbeitet und nun sind sie gemeinsam mit ihren Familien seit ca. 10 Monaten in Dresden. Unser Tisch wird sich für die kommenden Stunden in ein lebendiges mediales Wörter-Erklär-Such-Assoziationslabor für Auge und Ohren verwandeln.
Die deutsche Sprache verhält sich gegenüber den Dingen, die sie benennt, sehr konkret – der Bollerwagen bollert (G.-A. Goldschmidt) – und (folglich) klingen viele Wörter ähnlich fest, wie das, was sie beanspruchen zu bezeichnen. Tuba und Yüksel bringen nun das türkische Ş und Ç mit in unser Gespräch und gemeinsam fangen wir an Wörter (klanglich und von ihrer Bedeutung her) zu schmecken. Wir untersuchen die deutschen „Sch-“ und „Tsch-“Laute in ihrer Akustik und befragen uns nach den Musiken, die wir hören. Ad hoc tönen gesangliche Improvisationen zu unseren Vornamen über den Tisch. Das deutsche Kinderlied „Laurentia, liebe Laurentia mein“ wird angesungen, verbunden mit der Frage, wie sich eine Sprache erlernen lässt … Und dann geht es wieder in die (nüchterne) Architektur der Sprache: Und „wo stehen die Verben“? … Die Überschrift könnte also auch lauten: Gelebte Architektur an diesem Montag oder Das Atrium-Montagscafé als Multifunktionsraum für Kontakt.
Mehr Informationen
Montagscafé · Staatsschauspiel Dresden
Galcisstraße 28 · 01099 Dresden
Ansprechpartner:innen: Wanja Saatkamp & Maike von Harten
Mail: montagscafe@staatsschauspiel-dresden.de
Telefon: 0351 4913 617
Dresdner Nachbarschaften – sichtbar, vernetzt, engagiert!
Nachbarschaften sind überall – wir sind mittendrin. Mit Stadtteilspaziergängen, Gesprächen im Grünen, Kreativ-Workshops, Ausstellungen u.v.m.
Zeitraum
05-12.2023
Projektbeteiligte
Yvonn Spauschus (Projektleitung)
Yulia Vishnichenko · Moussa Mbarek · Nadine Wölk · Nazanin Zandi (Workshopleitung)
Rosa Brockelt · Rosa Hauch · Falk Goernert (Moderation und Dokumentation)
Kooperationspartner:innen
Club Passage / JugendKunstschule Dresden · Omse e.V. · Chinesisch Deutsches Zentrum e.V. · Treffpunkt Prohlis / Malteser Hilfsdienst e.V. · Stadtteilverein Johannstadt e.V. · Neues Volkshaus Cotta / Konglomerat e.V. · Montagscafé / Staatsschauspiel Dresden · Freizeitclub / Lebenshilfe Dresden e.V. · Quartiersmanagement Prohlis, Johannstadt und Gorbitz
Gefördert durch
Das Projekt wird wird gefördert durch das Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes im Rahmen des Landesprogrammes Integrative Maßnahmen.