🔊 | Zwischen Klängen und Tönen, Akustik und Sprache

Beim Montagscafé suchen wir nach den unterschiedlichen Sounds der Dresdner Nachbarschaften.

Text: Falk Goernert · Fotos: Yvonn Spauschus
Sprecherin: Rosa Hauch

earing oder eine Schule des Lauschens

Die polnische Klang-, Interaktions,- und Performancekünstlerin Zorka Wollny nimmt uns mit in einen Raum im Obergeschoss des Kleinen Hauses. In einer Woche wird ihre Ein­zelausstellung im Städtischen Kunsthaus eröffnet werden. Als kleine Trainingseinheit  lädt Sie uns Teilnehmende nun zu einer akustischen, imaginären Forschungsreise ein – stante pedes und mit einer gehörigen Portion wohlwollender Neugierde. In der kom­menden Stunde erleben wir ein Spiel der Fantasie und der Verbundenheiten. Die viel beschrie­bene „Entzauberung der (modernen) Welt“ scheint aufgehoben.

Unverhofft finden wir uns im akustischen freien Fall: Unsere Münder wölben sich nach außen. Mitunter sind sie trichterförmig nach vorn ge­staltet oder öffnen und schließen sich in unregelmäßigen Intervallen… Unsere Augen sind dabei geschlossen und das Kino für die Ohren kann beginnen. Zorka wählt als Hand­lungsorte der Vorstellung das Dickicht eines Waldes und die Tiefen des Ozeans. Im Kreis sitzend beginnen wir in Schleifen zu Tönen und zu Lauschen. Crescendo-Klänge erfüllen den Raum.

Schhhhhhhhhhhhh   schschschschsch       ahahahahah fffffffffffffhhhhhhhhhh     ssssssssss­            hhhhhhhhhhhhhhsssssssss krrrrrrrrrrr     chhhhhhhhhhh         quähhhhhhhhhh            schhhhbbbbhhhhhhhbbububbubububububub    ah       ahah   ahahffffhhhhh         syss

Das Tönen selbst ist unsichtbar. Wir sehen es nicht und treten damit in den Raum der Imagination. Das Nicht-Sichtbare stimuliert unsere Fantasie und genau darin liegt sein durchlässiger Raum an nahezu unbegrenzten (Assoziations-)Möglichkeiten. Erst hören wir, dann folgt ein Horchen und schlussendlich ein Lauschen als etwas Fließendes, Wa­berndes. Der Klang wird zu etwas Suchendem, ein (akustisches) Tasten; mehr eine Ah­nung als eine festumrissene Einheit. Und diese unsere (Schall-)Wellen schwingen mitein­ander; und mit diesen kreiert sich eine Beziehung unter uns Teilnehmenden; akusti­sche Paarungen und Frage- und Antwortsituationen entstehen. So kann sie sein, die Er­fahrung der Resonanz.

it sounds like

Über was erzählt die Sprache (noch), wenn sie klingt? Was passiert, wenn wir sie hören; wenn wir in das Gesicht schauen, von dem sie ausgeht?

Einem Atrium gleich kreiert das Kleine Haus wieder einen Aufenthaltsraum unter freiem Himmel – Montagscafé geöffnet. Unser Workshopzelt flirtet mit der frühsommerlichen Sonne und immer wieder folgen wir dem Schatten. Direkt neben uns wird auf der mobilen Küche vegane Bolognese gekocht, Getränke können gegriffen werden und die verschiedenen Ensembles an Tischen und Stühlen werden zu Inseln der Begegnung und des Austauschs. Tuba und Yüksel setzen sich zu uns. In ihrem Heimatland Türkei haben sie als Grundschullehrerinnen gearbeitet und nun sind sie gemeinsam mit ihren Familien seit ca. 10 Monaten in Dresden. Unser Tisch wird sich für die kommenden Stunden in ein lebendiges mediales Wörter-Erklär-Such-Assoziationslabor für Auge und Ohren verwandeln.

Die deutsche Sprache verhält sich gegenüber den Dingen, die sie benennt, sehr konkret – der Bollerwagen bollert (G.-A. Goldschmidt) – und (folglich) klingen viele Wörter ähnlich fest, wie das, was sie beanspruchen zu bezeichnen. Tuba und Yüksel bringen nun das türkische Ş und Ç mit in unser Gespräch und gemeinsam fangen wir an Wörter (klanglich und von ihrer Bedeutung her) zu schmecken. Wir untersuchen die deutschen „Sch-“ und „Tsch-“Laute in ihrer Akustik und befragen uns nach den Musiken, die wir hören. Ad hoc tönen gesangliche Improvisationen zu unseren Vornamen über den Tisch. Das deutsche Kinderlied „Laurentia, liebe Laurentia mein“ wird angesungen, verbunden mit der Frage, wie sich eine Sprache erlernen lässt … Und dann geht es wieder in die (nüchterne) Architektur der Sprache: Und „wo stehen die Verben“?  … Die Überschrift könnte also auch lauten: Gelebte Architektur an diesem Montag oder Das Atrium-Montagscafé als Multifunktionsraum für Kontakt.


Mehr Informationen

Montagscafé · Staatsschauspiel Dresden
Galcisstraße 28 · 01099 Dresden
Ansprechpartner:innen: Wanja Saatkamp & Maike von Harten
Mail: montagscafe@staatsschauspiel-dresden.de

Telefon: 0351 4913 617

Montagscafé - Dresdner Nachbarschaften © Y. Spauschus

Dresdner Nachbarschaften – sichtbar, vernetzt, engagiert!

Nachbarschaften sind überall – wir sind mittendrin. Mit Stadtteilspaziergängen, Gesprächen im Grünen, Kreativ-Workshops, Ausstellungen u.v.m.

Gefördert durch

Das Projekt wird wird gefördert durch das Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes im Rahmen des Landesprogrammes Integrative Maßnahmen.