Eine Führung durch das Landesfunkhaus des mdr. Nicht zum ersten mal habe ich das gemacht. Aber heute in einfacherer Sprache. Eine Gruppe aus der Sprachschule hat sich angekündigt. Einige können schon etwas deutsch, andere weniger. Ich muss also langsamer reden und einfachere Wörter wählen als sonst, keine leichte Aufgabe für mich.
Und dann ist die Gruppe da – im Foyer der großen einstigen Kaserne. Ich begrüße die gebürtigen Syrerinnen, die Afghanen, die Menschen aus Russland und der Ukraine, Bangladesch, Syrien und Indonesien. Und sehe es sofort, die einen verstehen mich deutlich, die anderen überlegen noch, was ich gesagt haben könnte und andere raten nur. Ich sehe es an ihren Augen, an ihrem zustimmenden oder fragenden Blick.
Und dann fang ich an über das Funkhaus, über den MDR zu reden. Langsam, bedächtig, in kurzen Sätzen. DER MDR ist ein großes Unternehmen. Hier arbeiten viele Menschen – beim Radio, beim Fernsehen. Der Hauptsitz befindet sich in Leipzig. Es gibt aber auch Standorte in Halle, Erfurt, Magdeburg und eben in Dresden. Und wir sind im Fernsehen und Radio sehr erfolgreich. Das stimmt alles und dennoch fühlt es sich seltsam an. So würde ich nie über meinen Arbeitgeber reden. Das klingt für mich wie gestelzt. Dennoch weiß ich, wenn ich will, dass andere, die meiner Sprache nicht mächtig sind, mich verstehen, dann sind meine Schachtelsätze, mein Hin und Her Switchen mit meinen Gedanken, meine Stichworte fehl am Platze.
Wie auch immer, wir haben alles, fast alles an diesem Vormittag im Funkhaus gesehen. Und wir haben viele meiner tollen Kollegen getroffen, ob im Radio, in der Sprecherkabine, in der Grafik, im Newsbereich vom Sachsenspiegel, im Schnitt, in der Regie, im Studio.
Das war ein schöner Moment, dort im leeren großen, grünen Raum mit den vielen Kameras und Leuchten und dem großen Tisch. Dort stand dann die große Gruppe, stand da und staunte. Nicht nur über die Spielereien mit der Farbe Grün, über die aufwändige Technik. Auf einmal herrschte eine große Stille. Irgendwie wollten wir alle diesen Besuch festhalten. Ich habe keine Ahnung, was in dem Einem oder in der Anderen im dieser Situation vorging. Aber dass jeder seinen ganz eigenen Gedanken, Träumen, Wünschen und auch Ängsten, Ungewissheiten nachging, das war nicht zu übersehen.
Vielleicht habe ich es deshalb gesagt, laut und deutlich, ganz klar in einfachen Sätzen: „Ihr müsst unbedingt die Sprache lernen. Das ist das allerwichtigste. Ihr müsst wirklich fleißig sein. Nur dann habt ihr hier in Deutschland eine Zukunft.“ Und ich hörte und sah mich auf einmal reden, so schnell wie immer, wild gestikulierend wie so oft. Als mir das auffiel, zuckte ich kurz zusammen, dann sah ich die leuchtenden Augen. Und strahlte zurück. Diese leuchtenden Augen dieser Gruppe aber, ich werde sie so schnell nicht vergessen.
Adina Rieckmann
Dresden spricht …
Workshops, Rundgänge, Schreib- und Druckwerkstätten unter dem Motto „Sprache und Schrift. Dresden spricht viele Sprachen“
Zeitraum
03-12.2024
Projektbeteiligte
Yvonn Spauschus (Projektleitung)
Yulia Vishnichenko · Moussa Mbarek · Nadine Wölk · Rosa Brockelt · Yuliya Firsova · Martin Mannig (Workshopleitung)
Rosa Brockelt · Rosa Hauch · Falk Goernert · Birthe Mühlhoff (Moderation und Dokumentation)
Adina Rieckmann · Lydia Hänsel (Tourguides)
Inge · Mahsa · Karin (Ehrenamtliche Hilfe)
Kooperationspartner:innen
JugendKunstschule Dresden – Standort Passage, Omse e.V., Nachbarschaftshilfeverein, Stadtteilverein Johannstadt e.V., Malteser Hilfsdienste e.V., Montagscafé am Staatsschauspiel Dresden sowie Chinesisch-Deutsches Zentrum e.V., Lebenshilfe Dresden e.V., GEH8 Kunstraum und Ateliers e.V., Umweltzentrum Dresden – ABC Tische, Internationale Gärten Dresden e.V, ColumbaPalumbus e.V., Ausländerrat Dresden e.V., Blinden- und Sehbehindertenverband, Löbtop e.V. und viele mehr
Gefördert durch
Das Projekt wird gefördert durch das Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt. Diese Maßnahme wird mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes im Rahmen des Landesprogrammes Integrative Maßnahmen.